Anwalt sexueller Übergriff
Als Ihr Anwalt verteidige ich Sie deutschlandweit beim Vorwurf des sexuellen Übergriffs. Ihnen wird sexueller Übergriff oder sexuelle Nötigung vorgeworfen? Dann ist es wichtig, ruhig zu bleiben und sofort zu einem Anwalt für Strafrecht Kontakt aufzunehmen. Bei frühzeitiger Beauftragung im Ermittlungsverfahren ist das Ziel der Verteidigung die Einstellung des Verfahrens: So kann eine Hauptverhandlung vermieden werden und Sie gelten weiterhin als unschuldig.
Gesetzliche Regelung
§ 177
Sexueller Übergriff; sexuelle Nötigung; Vergewaltigung
(1) Wer gegen den erkennbaren Willen einer anderen Person sexuelle Handlungen an dieser Person vornimmt oder von ihr vornehmen lässt oder diese Person zur Vornahme oder Duldung sexueller Handlungen an oder von einem Dritten bestimmt, wird mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.
(2) Ebenso wird bestraft, wer sexuelle Handlungen an einer anderen Person vornimmt oder von ihr vornehmen lässt oder diese Person zur Vornahme oder Duldung sexueller Handlungen an oder von einem Dritten bestimmt, wenn
1. der Täter ausnutzt, dass die Person nicht in der Lage ist, einen entgegenstehenden Willen zu bilden oder zu äußern,
2. der Täter ausnutzt, dass die Person auf Grund ihres körperlichen oder psychischen Zustands in der Bildung oder Äußerung des Willens erheblich eingeschränkt ist, es sei denn, er hat sich der Zustimmung dieser Person versichert,
3. der Täter ein Überraschungsmoment ausnutzt,
4. der Täter eine Lage ausnutzt, in der dem Opfer bei Widerstand ein empfindliches Übel droht, oder
5. der Täter die Person zur Vornahme oder Duldung der sexuellen Handlung durch Drohung mit einem empfindlichen Übel genötigt hat.
(3) Der Versuch ist strafbar.
(4) Auf Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr ist zu erkennen, wenn die Unfähigkeit, einen Willen zu bilden oder zu äußern, auf einer Krankheit oder Behinderung des Opfers beruht.
(5) Auf Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr ist zu erkennen, wenn der Täter
1. gegenüber dem Opfer Gewalt anwendet,
2. dem Opfer mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben droht oder
3. eine Lage ausnutzt, in der das Opfer der Einwirkung des Täters schutzlos ausgeliefert ist.
(6) 1In besonders schweren Fällen ist auf Freiheitsstrafe nicht unter zwei Jahren zu erkennen. 2Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn
1. der Täter mit dem Opfer den Beischlaf vollzieht oder vollziehen lässt oder ähnliche sexuelle Handlungen an dem Opfer vornimmt oder von ihm vornehmen lässt, die dieses besonders erniedrigen, insbesondere wenn sie mit einem Eindringen in den Körper verbunden sind (Vergewaltigung), oder
2. die Tat von mehreren gemeinschaftlich begangen wird.
(7) Auf Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren ist zu erkennen, wenn der Täter
1. eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug bei sich führt,
2. sonst ein Werkzeug oder Mittel bei sich führt, um den Widerstand einer anderen Person durch Gewalt oder Drohung mit Gewalt zu verhindern oder zu überwinden, oder
3. das Opfer in die Gefahr einer schweren Gesundheitsschädigung bringt.
(8) Auf Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren ist zu erkennen, wenn der Täter
1. bei der Tat eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug verwendet oder
2. das Opfer
a) bei der Tat körperlich schwer misshandelt oder
b) durch die Tat in die Gefahr des Todes bringt.
(9) In minder schweren Fällen der Absätze 1 und 2 ist auf Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu drei Jahren, in minder schweren Fällen der Absätze 4 und 5 ist auf Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren, in minder schweren Fällen der Absätze 7 und 8 ist auf Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren zu erkennen.
Was ist ein sexueller Übergriff?
- Der Täter nimmt die Handlung am Opfer vor: Das ist in der Praxis der häufigste Fall.
- Der Täter lässt das Opfer die sexuelle Handlung an ihm – also am Täter – vornehmen.
- Der Täter lässt das Opfer die sexuelle Handlung an sich selbst – also am Opfer – vornehmen.
- Der Täter bestimmt das Opfer, die Handlung an einem Dritten vorzunehmen.
- Der Täter bestimmt das Opfer, die Handlung eines Dritten an sich selbst – am Opfer – zu erdulden.
Der entgegenstehende Wille
Eine sexuelle Handlung stellt nach §177 Abs. 1 StGB einen sexuellen Übergriff dar, wenn sie gegen den Willen des Opfers passiert. Das bedeutet: Das Opfer möchte die sexuelle Handlung nicht. Der Wille einer Person ist absolut subjektiv. Er kann nicht bewiesen, aber auch nicht widerlegt werden. Möchte eine Person eine sexuelle Handlung nicht, hat sie einen entgegenstehenden Willen gebildet. Behält sie die innere Ablehnung allerdings nur für sich, kann die handelnde Person dies nicht erkennen. Für ein Gericht wäre es praktisch unmöglich, derartige Fälle zu entscheiden. Deshalb hat der Gesetzgeber eine weitere Voraussetzung für den sexuellen Übergriff entwickelt: Ein strafbarer sexueller Übergriff liegt nur vor, wenn der entgegenstehende Wille auch erkennbar ist.
Erkennbarkeit
Die Tatsache, dass eine Person eine sexuelle Handlung nicht möchte, muss von außen wahrnehmbar sein. Wer entscheidet, was wahrnehmbar ist? Hierfür kommt es nicht auf die Sicht des Täters an, sondern es wird aus einem objektiven Blickwinkel auf die Situation geschaut: Hätte ein neutraler Beobachter den entgegenstehenden Willen der Person erkennen können?
Wann ist danach der entgegenstehende Wille erkennbar? Zum einen, wenn das Opfer zum Tatzeitpunkt ausdrücklich verbal erklärt, dass es die sexuelle Handlung nicht möchte. Ein „Nein“ reicht aus. Zum anderen, wenn das Opfer durch Verhalten zu erkennen gibt, dass es die sexuelle Handlung nicht wünscht: Beispielsweise durch Weinen oder Abwehren. Warum das Opfer die Handlung ablehnt, spielt keine Rolle.
Konfliktanfällige Situationen
Aus rechtlicher Sicht problematisch ist, wenn sich eine Person ambivalent, also nicht eindeutig, verhält. Hier kommt es auf die Umstände an. Ein Beispiel: Eine Person kommuniziert ein „Nein“, aber wirkt aber aktiv am Sexualgeschehen mit. Oder wenn die entgegenstehende Willensäußerung sogar als Teil des Geschlechtsverkehrs vereinbart wurde, etwa bei sadomasochistischen Praktiken. Bei derartig zweideutigem Verhalten wird angenommen: Die Erkennbarkeit eines entgegenstehenden Willens fehlt. Wird sich allerdings über ein vereinbartes „Safeword“ hinweggesetzt, ist das strafbar, weil hier der entgegenstehende Wille erkennbar ist.
Es kommt vor, dass ein Sexpartner während des Kontaktes seine Meinung ändert. Fakt ist: Eine einmal erteilte Zustimmung zu sexuellen Handlungen kann jederzeit widerrufen werden. Fakt ist aber auch: Die Meinungsänderung, also die Neubildung eines entgegenstehenden Willens, muss für den anderen erkennbar sein. Aus rechtlicher Perspektive ist für die Erkennbarkeit des entgegenstehenden Willens ist zu beachten: Wann ändert die Person ihre Meinung? So wird angenommen, dass mit fortschreitendem sexuellen Kontakt eine Willensänderung immer unwahrscheinlicher wird. Deshalb gilt: Die Ablehnung muss umso eindeutiger ausgedrückt werden. Entscheidend kann auch sein: Werden plötzlich Praktiken angewandt, die vorher nicht vereinbart waren? Dadurch kann ein entgegenstehender Wille objektiv erkennbar sein.
Insgesamt spielt für die Erkennbarkeit des entgegenstehenden Willens auch die Beziehung zwischen den Personen eine Rolle. Wird plötzlich ein sexuelles Verhalten – was bisher immer gutgeheißen wurde – abgelehnt, diese Ablehnung aber nicht kommuniziert, ist der entgegenstehende Wille für den Handelnden in der Regel nicht erkennbar.
Anwaltliche Empfehlungen
Es muss zwingend darauf geachtet werden, ob das Gegenüber in die sexuelle Handlung einwilligt. Ein „Nein“ sollte immer ernst genommen werden. Nein heißt immer Nein und niemals Ja. Auch ein in Anführungszeichen „spielerisches“ Nein muss unbedingt beachtet werden. Verhält sich das Gegenüber mehrdeutig, sollte die sexuelle Handlung beendet werden. Bei sexuellen Spielarten, die eine vereinbarte Ablehnung zum Gegenstand haben (z.B. aus dem SM-Bereich), kann folgendes ratsam sein:
- Vor der Vornahme einer sexuellen Handlung sollte man sich eindeutig darüber versichern, dass der andere ausdrücklich einwilligt.
- Insbesondere bei sadomasochistischen Praktiken oder Rollenspielen sollte ein Safeword vereinbart werden, dessen Nennung den Abbruch aller sexuellen Handlungen zur Folge hat.
- Ändert der Sexualpartner während des sexuellen Kontaktes seine Meinung, müssen jegliche Handlungen sofort beendet werden.
- Ohne Absprache sollten nicht vereinbarte sexuelle Praktiken niemals vorgenommen werden.
- Zeigt der andere ablehnenden Verhalten, z.B. Weinen, Schreien, Wegschieben der Hand, Bedecken des Intimbereichs etc. oder wird auffällig still, sollte die sexuelle Handlung sofort abgebrochen werden. Das gilt erst recht, wenn der andere seine Ablehnung verbal äußert.
Vorsatz
Eine letzte Voraussetzung gibt es nach dem Gesetz für den sexuellen Übergriff noch: Der Täter muss mit Vorsatz handeln. Der Täter muss es zumindest anhand der Umstände für möglich halten, dass er die sexuelle Handlung gegen den Willen des Opfers vornimmt und dies billigend in Kauf nehmen. Ob Vorsatz vorliegt, entscheidet das Gericht im Einzelfall. Der Nachweis vorsätzlichen Handelns kann in folgenden Situationen schwierig sein: Zum Beispiel bei einer Meinungsänderung während dem Sex, weil der Täter da geistig und körperlich abgelenkt ist. Oder der Täter geht aufgrund sexueller Vorerfahrung mit dem Opfer davon aus, das kommunizierte „Nein“ sei nicht ernst gemeint. Hier prüft das Gericht genau, ob es sich nicht nur um bloße Schutzbehauptungen des Täters handelt.
Der sexuelle Übergriff: Besondere Umstände
Die Regelung des zweiten Absatzes des §177 StGB stimmt in einigen Punkten mit dem Absatz 1 überein. Auch hier steht der entgegenstehende Wille im Zentrum. Neu sind in Absatz 2 besondere Umstände, aufgrund denen das Nein des Opfers nach außen hin nicht erkennbar ist. Hier hat das Gesetz verschiedene Situationen zusammengefasst, in denen das der Fall ist. Wieder sind verschiedene Handlungsvarianten denkbar: Der Täter nimmt die Handlung vor, der Täter lässt die sexuelle Handlung vornehmen, er bestimmt das Opfer, sie an einer dritten Person vorzunehmen oder die sexuelle Handlung durch eine dritte Person zu dulden. Um es zu vereinfachen, sei nur der erste Fall zugrunde gelegt: Der Täter nimmt die sexuelle Handlung vor. Die Ausführungen gelten aber für alle Tatvarianten.
Ausnutzen
Wichtig ist der Begriff des „Ausnutzens“: Im §177 Abs. 2 StGB nutzt der Täter verschiedene Situationen für eine sexuelle Handlung aus: Die nachteilige Lage der anderen Person – zum Beispiel, dass sie bewusstlos ist, überrumpelt wird, bedroht wird – ermöglicht oder erleichtert objektiv die Vornahme einer sexuellen Handlung. Dies macht sich der Täter subjektiv zunutze: Er kalkuliert die den jeweiligen Umstand ein und nimmt diese „besondere Gelegenheit“ wahr, um sexuell zu handeln.
Unfähigkeit zur Willensbildung und Willensäußerung
Die erste Situation – §177 Abs. 2 Nr. 1 StGB – beschreibt folgenden Zustand: Der Täter nimmt eine sexuelle Handlung an einer anderen Person vor und nutzt aus, dass die Person nicht in der Lage ist, einen entgegenstehenden Willen zu bilden oder zu äußern.
Erhebliche Einschränkung der Willensbildung und Willensäußerung
Die nächste Konstellation des Tatbestandes findet sich in §177 Abs. 2 Nr. 2 StGB. Es handelt sich um folgende Situation: Eine Person befindet sich in einem bestimmten körperlichen oder psychischen Zustand. Aufgrund diese Zustandes ist die Person erheblich eingeschränkt, sich über eine sexuelle Handlung Gedanken zu machen oder eine sexuelle Handlung einzuwilligen. Der Täter nutzt diese Situation für eine sexuelle Handlung aus. Zwei Sachen sind hier zu beachten:
Überraschende sexuelle Handlungen
In §177 Abs. 2 Nr. 3 StGB nutzt der Täter ein Überraschungsmoment für eine sexuelle Handlung aus.
Das empfindliche Übel
In Nr. 4 und Nr. 5 des §177 Abs. 2 StGB geht es unter anderem um ein sogenanntes „empfindliches Übel“. Der Begriff empfindliches Übel beschreibt eine erhebliche Verschlechterung in der Außenwelt des Opfers. Nur leichte negative Veränderungen im Bagatellbereich sind nicht gemeint.
Sexuelle Nötigung
Nach dem vorher geltenden Strafrecht gab es den Tatbestand der sexuellen Nötigung. Hier drängte der Täter das Opfer zu sexuellen Handlung, in dem er Gewalt anwendete, das Opfer mit Gefahr für Leib oder Leben bedrohte oder eine schutzlose Lage des Opfers ausnutzte. Der Täter musste also das Opfer insbesondere durch Gewalt oder Drohung nötigen.
Gewalt, Drohung und schutzlose Lage
Das Gesetz hat in Absatz 5 drei verschiedene Konstellationen festgeschrieben, in denen der Täter über den beschriebenen sexuellen Übergriff hinaus geht: Der Täter wendet gegenüber dem Opfer Gewalt an, der Täter droht dem Opfer mit Gewalt auf die körperliche Unversehrtheit, der Täter nutzt eine schutzlose Lage des Opfers aus.
Bei der Anwendung von Gewalt und Drohung hat der Gesetzgeber die Anforderungen an die Strafbarkeit herabgesetzt: Der Täter macht sich nach der neuen Rechtslage schneller und einfacher strafbar. Nach altem Recht musste der Täter die Gewalt oder die Drohung als Nötigungsmittel einsetzen. Das heißt: Er musste Gewalt anwenden oder das Opfer bedrohen, um das Opfer dadurch zur sexuellen Handlung zu bedrängen. Gewalt und Drohung waren also Mittel zum Zweck, um die sexuelle Handlung zu erreichen. Dies hat sich jetzt geändert. Nach neuem Recht macht sich der Täter bereits strafbar, wenn er die Gewalt oder die Drohung im Kontext zur sexuellen Handlung vornimmt. Die Voraussetzung, dass der Täter dies als Nötigungsmittel einsetzt, gibt es nicht mehr.
Nummer 1: Der Täter wendet gegenüber dem Opfer Gewalt an. Es geht um körperlicher Gewalt, also eine gewalttätige Einwirkung auf den Körper des Opfers. Rein psychische Gewalt genügt nicht. Umfasst sind zusätzlich Fälle wie nach der früheren Rechtslage: Der Täter setzt die Gewalt ein, um das Opfer zu einer sexuellen Handlung zu nötigen.
Einige praktische Beispiele: Der Täter verabreicht dem Opfer heimlich oder gegen seinen Willen Rausch-, Betäubungs- oder Schlafmittel. Diese Konstellation ist bereits vorgestellt worden. Die Verabreichung von KO-Tropfen zur Vornahme einer sexuellen Handlung ist also nicht nur ein sexueller Übergriff, sondern zusätzlich eine Gewaltanwendung, für die die höhere Strafe des Absatz 5 droht. Weitere Beispiele sind: Festhallten der Hände des Opfers an den Handgelenken, Auseinanderdrücken der Beine, Zupressen des Mundes, Legen auf das Opfer und unter bestimmten Umständen auch das Einsperren des Opfers in einen Raum.